Lagerfeuer
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Lf. Nr. 45
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die vertraglich zum Polizeidienst verpflichtet wurden. Mußten in früheren Jahren Leute angeworben werden, die ihren Wohnsitz außerhalb des Schutzgebietes hatten, so änderten sich diese Verhältnisse im Laufe der Jahre derart, daß nur noch Angehörige des Pachtgebietes eingestellt wurden. Der gute Ruf, den die Chinesentruppe genoß, steigerte den Zulauf derartig, daß nicht alle Bewerber, die den nicht leichten Aufnahmebedingungen entsprachen, berücksichtigt werden konnten. Diese Tatsache war nicht nur vom polizeiliche Standpunkte aus zu begrüßen, sondern auch hinsichtlich der Erziehung der Schutzgebietsbevölkerung von großen Wert. Die jungen Leute wurden nach ihrer Einstellung in erster Linie militärische ausgebildet und erhielten eingehende Unterweisung auf dem Gebiete der Rechtskunde. Daneben bestand ein Unterricht in deutscher Sprache. Wurde in der sechsmonatigen Ausbildung bereits gesiebt, so erfolgte die endgültige Übernahme in den Verband der Chinesentruppe nach bestandener Prüfung, die den Schluß der Ausbildungszeit bildete. Die so eingereihten Leute wurden älteren Chinesenpolizisten beigegeben und machten mit diesem, soweit es er Unterricht erlaubte, gemeinschaftlich Außendienst. Erwiesen sie sich im Laufe der Zeit sattelfest, so erfolgte ihre Verteilung auf die einzelnen Dienststellen. Die der berittenen Abteilung zugewiesenen Leute machten noch einmal einen Kursus im Reiten durch. Während ihrer ganzen Dienstzeit ruhte der Unterricht nicht, und durch Gewährung von Prämien wurde der Eifer im Erlernen der deutschen Sprache wachgehalten und gefördert. Die mit Beendigung ihrer Ausbildung als Polizisten eingestellten Leute konnten Oberpolizisten, Polizeiunteroffizier oder Postenführer werden Letzteres waren altgediente Chinesenpolizisten, die bei Besetzung der Polizeiposten verwendet wurden.
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Die Chinesenpolizisten lernten in der Schule der Chinesentruppe nicht nur deutsch, sondern sie fanden im Dienst auch reichlich Gelegenheit, dieses Erlernte auch praktisch anzuwenden. Im Verkehr mit Europäern lernten sie deren Sitten verstehen und schätzen und brachten den Anordnungen des Gouvernements auf Grund ihrer Kenntnisse über Verordnungen und deren Zweck ein ganz anderes Verständnis entgegen. Von den ihnen anerzogenen militärischen Eigenschaften blieb doch ein Teil haften. Während ein Prozentsatz nach Ablauf des Vertrages bei der Truppe verblieb und befördert wurde, fanden die andern bei den übrigen Behörden oder den Handelsfirmen gut bezahlte Beschäftigung. So war in der Chinesentruppe ein steter Kreislauf, und die Zahl, die auf diese Weise zu brauchbaren Hilfen ausgebildet wurden, war nicht klein.
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und je mehr er spricht, desto dümmer wird das Gesicht seines Nachbars. Anscheinend ist eine Sache nicht ganz stubenrein; denn er wird immer eifriger und erregter. Endlich scheint er sein Ziel erreicht zu haben, und siegesgewiß steuert er mit seinem Begleiter auf eine der vielen Türe zu. Aber nicht lange brachen wir zu warten und unser Bekannter kommt zurück. In Begleitung eines Polizisten gehen sie zum Bezirksamt. Er, ganz trübselig gestimmt, wirft seinem Begleiter, der sich vorsichtshalber in gemessener Entfernung hält, nicht gerade die liebevollsten Blicke zu. Auch er mußte erfahren, daß nichts zu fein gesponnen ist, es kommt doch an das Licht der Sonnen. Ja, er hat die angebrannt gewesene Suppe noch versalzen und muß nun den Kram auslöffeln.
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Marktpolizei übertragen worden. Eng verbunden mit dieser war die Lebensmittelkontrolle. Wurden Produkte oder Nahrungsmittel gefunden, die nicht einwandfrei erschienen, so wanderten diese zur bakteriologischen Abteilung oder zum Laboratorium des Gouvernementslazaretts. Außer diesen vorgenannten Tätigkeiten fiel ihr auch die Maß- und Gewichtskontrolle zu. Mit Einführung der Maß- und Gewichtsverordnung war ein längst erkannter Mißstand beseitigt worden. Es ist ja hinreichend bekannt, daß jede Provinz und fast jede Art von Waren ein anderes Gewichtsmaß hat. Kaufte einer eine Sache bei einem Kaufmann, der aus dem Süden stammte, so erhielt er eine Gewichtsberechnung, wie sie in dessen Heimat üblich ist; sein Konkurrent dagegen, der aus dem Norden stammte, verwendete eine Wage, die er aus seiner Heimat mitgebracht hatte. Beide waren natürlich nicht gleich, und so wendete der Chinese immer das Gewicht an, das ihm am meisten Vorteil brachte. Aus diesem Grunde konnte man auf dem Markte viele Chinesen antreffen, die ihre eigenen Waagen zum Einkauf mitbrachten, da sie so vor Übervorteilung geschützt waren. Dieser Wirrwarr wurde durch Einführung der Maß- und Gewichtsverordnung beseitigt. Den breitesten Raum jedoch nahm die Regelung des öffentlichen Fuhrwesens ein. Besonders der Rikschabetrieb hatte einen sehr guten Aufschwung genommen. Die alten Kolonisten werden sich noch der hohen, klapprigen Rikschas erinnern. Diese leicht und eng gebauten Fahrzeuge waren wohl für die zierlichen Chinesendamen passend, aber den Wünschen eines Europäers entsprachen sie weniger. Die schwachen Räder gaben nur zu oft nach, und der Passagier fand sich, unsanft aus seiner luftigen Höhe geschleudert, auf dem harten Boden unserer Mutter Erde wieder. Glücklich konnte er sch schätzen, wenn dieser Luftrutsch ohne ernstliche Folgen abging. Welche Mühen auf diesem Gebiete erforderlich
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waren, um brauchbare Rikschas zu schaffen, ist kaum zu schildern. Jede Ver-besserung scheiterte an den Kosten, und zu einer Erhöhung des Fahrpreises durfte man nicht schreiten, um ihnen nicht den Charakter der Allgemeinheit zu nehmen. Man schlug einen anderen Weg ein, und durch Zusammenschluß sämtlicher zerstreut wohnenden Rikschabesitzer gründete man das Rikschadepot. Wer Chinesen kennt, wird ermessen können, daß dies nicht im Handumdrehen erreicht wurde. Endlose Verhandlungen führten endlich zu der Vereinigung. Werfen wir einen Blick in das Depot.
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dieses Ziel erreicht. Wenngleich die Schlafräume nicht den Komfort aufwiesen, den man in einem deutschen Hotel gewohnt ist, so boten sie doch dem von der Fahrt ermüdet und matt heimkehrenden Kuli eine nach chinesischen Begriffen gute Unterkunft. Er konnte zu jeder Tageszeit ein warmes Bad nehmen; denn der große Dampfkessen spendete ständig Wasser; die Kantine bot ihre Schätze zu genau festgesetzten Preisen an, und in der angegliederten Küche konnte er für wenig Geld essen. Trotzdem besonders in dieser Richtung kein Zwang ausgeübt wurde, wohnten die Leute doch gern im Depot. Dadurch war die Kontrolle erleichtert, und das Leben wurde den Kulis erträglicher gemacht.
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abgestempelt. Die Nationale wurden genau festgestellt und damit solide Unterlagen geschaffen. Bewundern mußte man immer wieder, wie weit den Chinesen, die als Boys, Köche, Wärter oder Kulis im Haushalt verwendet wurden, Vertrauen geschenkt wurde. Viele mußten ihre Vertrauensseligkeit mit Verlust bezahlen, ja sie wußten noch nicht einmal den Namen des betreffenden Täters und der verdeutschte Rufname, der ihm beigelegt wurde in seiner früheren Stellung und den er beibehielt, erleichtert die polizeilichen
Nachforschungen in keiner Weise. Es war sogar vorgekommen, daß seitens der Polizei in den Pfandhäusern Sachen aufgefunden wurden, die augenscheinlich von einem Diebstahl herrühren mußten und demzufolge beschlagnahmt wurden. Wenn dann der Eigentümer nach einiger Zeit den Verlust bemerkte, da der Boy plötzlich fehlte, so war er erstaunt auf der Kriminalabteilung, bei der er seinen Verlust melden wollte, die vermißten Sachen vorzufinden. Diese Verhältnisse wurden ganz erheblich gebessert durch Erlaß der
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Verordnung und auf diesen so geschaffenen Grundlagen konnte ein Stamm tüchtiger Chinesen, für die europäischen Haushaltungen verwendbar geschaffen werden.
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noch die Tätigkeit der Forstpolizei, die Bearbeitung der Fundsachen und den Sicherheitsdienst während der Nacht.
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gelegenen Zellen angewiesen. Posten ziehen auf, Einlieferungen erfolgen und Anzeigen werden erstattet; so geht es die ganze Nacht durch und beim Lesen des Wortes ist es ratsam die Hauptbetonung auf die 4. Silbe zu legen. Im hinteren Teile des Gebäudes befindet sich auch noch die Obdachlosenstube. Dieser helle, luftige Raum, der mit seiner einfachen, aber sauber gehaltenen Einrichtung einen netten Eindruck machten, hat schon manchem, der unverschuldet im Kampf ums Dasein unterlag, als Obdach gedient, und ihn am Betreten der abschüssigen Bahn gehindert.
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Welche Schwierigkeiten zu überwinden waren, ahnen nur ganz Wenige. Wer kennt nicht die alten chinesischen Wege und hat ihnen bei seinen Reisen nicht schon alles Gute gewünscht, wenn ihm der Wagen umkippte oder er Gefahr lief, im Morast stecken zu bleiben? Sollten die erbauten Wege ihren Zweck erfüllen, so mußten solide Unterlagen geschaffen werden. Der rege Kraftwagenbetrieb und auch die steigende Warenzufuhr, die teilweise auf den bekannten schmalspurigen Chinesenkarren erfolgte, nahm die Wege stark mit. Dazu kamen die Flußläufe, die im Sommer ohne Wasser recht friedlich und harmlos aussahen, doch in der Regenzeit stark angeschwollen, eine furchtbare Gewalt entwickelten. Trotz der besten Berechnungen traten sie aus ihren Ufern, rissen Brücken fort und unterspülten lange Wegestrecken. Oft war in wenigen Stunden das Werk vieler Hände und langer Zeit vernichtet. Die meisten von uns haben ja während der Belagerung Gelegenheit gehabt, die verheerenden Wirkungen der Wasserläufe zu beobachten.
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ein und verpflanzte die aus ihr gezogenen Bäume innerhalb ihrer Grenzen. Recht befriedigende Resultate wurden mit der Zucht von Maulbeerbäumen und der damit verbundenen Wiederbelebung der Seidenraupenzucht erzielt. All diese Arbeiten steigen im Wert, wenn man bedenkt, daß das Gouvernement wenig oder keine Auslagen dabei hatte. Die Bewohner, den Wert der Arbeiten einsehend, arbeiteten während der Wintermonate, wo sie doch nichts zu tun hatten.
Der Anblick des Sternenhimmels in den Abendstunden zeigt uns jetzt schon wieder im Osten einige Sternbilder, die wir nicht mehr gesehen haben, seitdem sie an den Frühlingsabenden am Westhimmel verschwanden. So geht gegen 8 Uhr der Orion am Horizont auf, und über ihm stehen die beiden eigenartigen Sterngruppen der Plejaden und der Hyaden im Stier mit dem hellrötlich leuchtenden Aldebaran. Der Stier ist das ansehnlichste
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unter den jetzt sichtbaren Tierkreisbildern. Westlich von ihm folgen Widder, Fische, Wassermann, Steinbock, und kaum noch zu Beginn des Abends am westlichen Himmelsrande sichtbar der Schütze, der wir vor drei Monaten mitten im Süden vor uns hatten. Das Zurechtfinden innerhalb dieser Sternbilder wird augenblicklich sehr dadurch erleichtert, daß der Jupiter, der König der Planeten, zur Zeit im Bilde der Fische steht. Südlich von ihm dehnt sich mit einer Reihe größerer Sterne
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der Walfisch aus. Im nordöstlichen Teile dieses Bildes hat der als „Mira Ceti“ be-zeichnete Stern die Aufmerksamkeit der Astronomen vor allem auf sich gezogen, weil er seine Helligkeit in einer etwa 11 Monate dauernden Periode so stark ändert, daß er zeitweise als Stern zweiter Größe erscheint, zeitweise für das bloße Auge unsichtbar wird. Durch die Länge der Periode steht Mira Ceti unter den veränderlichen Sternen im Gegensatz zu einem andern gleichfalls augenblicklich sichtbaren Sterne, dem Algol im Perseus, dessen Helligkeit innerhalb eines Zeitraumes von weniger als 5 Tagen wechselt. Die ganz südliche Hälfte des Himmels ist zur Zeit nicht reich an hellen Sternen. Um so mehr tritt ein vereinzelter Stern erster Größe hervor, der Fomalhaut in den sonst unbedeutenden Sternbilde des südlichen Fisches. Reicher mit Sternen bedeckt ist die nördliche Hälfte des jetzt sichtbaren Sternenhimmels, der von Westen nach Osten von der Milchstraße durchzogen wird. In der Milchstraße steht nahe dem Zenith die eigenartige W-Form der Cassiopeia, östlich neben ihr der Perseus, westlich folgt das kreuzförmige Bild des Schwans. Südlich der Cassiopeia fällt ein großes Quadrat heller Sterne auf, von denen der nordöstliche der Andromeda, die übrigen drei dem Pegasus angehören. Die Andromeda ist durch eine Anzahl heller Sterne ausgezeichnet, die, wie aus der Karte ersichtlich, ein mit der Zeichnung eines Schiffes vergleichbares Bild geben. Der Bug ist der Stern, der dem eben erwähnten Quadrat angehört; der Schiffskörper wird durch drei Sterne angedeutet, deren letzter unweit vom Algol steht. Zwei weitere Sterne ergeben eine Linie, die dem Maste des gedachten Schiffes entsprechen würde. Westlich von der Spitze dieses Mastes liegt ein schon mit geringer Vergrößerung sichtbarer Nebelfleck, der größeres Interesse beansprucht. Er hat die Gestalt einer langgestreckten Linse. Eine ähnliche Gestalt ergibt sich auch, wenn wir die Gesamtheit der um uns sichtbaren Sterne
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uns von außen gesehen vorzustellen versuchen. Sie bilden eine flache Linse, deren Hautausdehnung in der Richtung der Milchstraße liegt. Blicken wir nach dem Andromeda-Nebel, so sehen wir also durch eine Lücke der uns näheren Sternenwelt hindurch eine zweite dieser gleichwertigen Welt vor uns, und wir müssen annehmen, daß wir umgekehrt, wenn wir uns auf einem Stern jenes „Nebels“ befänden, unsere ganze Sternenwelt von dort aus als einen „Milchstraßennebel“ erblicken würden von ähnlicher Gestalt und Größe, wie die, in der uns der Andromeda-Nebel erscheint.
EDie Tsingtauer Polizei und die Chinesen.
Sterne im Dezember.
Betr. Ausstellung.
festgelegt worden. Falls es an dem Tage regnet, wird der nächste gute Tag genommen.