Lagerfeuer
1-4-1(47)
Wöchentliche Blätter
der deutschen Kriegsgefangenen in Matsuyama, Japan.
Nr.4. Sonntag, den 20. Februar 1916.
Verwendung von Segeln auf Dampfschiffen.
Steht man heute auf den Molen unserer Welthafenplätze und betrachtet die großen Passagierdampfer, die gewaltigen modernen Ozeanriesen, dann kann man sich kaum in jene Zeiten zurückversetzen, als noch das Segelschiff einzig und allein die Verbindung zwischen den Erdteilen bewältigen mußte, auch nicht in spätere Jahre, in denen der sogenannte Teeklipper, bei einer Fahrtdauer von etwa 95 - 110 Tagen, die schnellste Verbindung zwischen China und Europa bildete, und der Rahschoner als angenehmstes Beförderungsmittel zwischen Westindien und Europa galt. Und doch sind kaum 70 Jahre ins Land gegangen, seit der erste Dampfer vom Stapel gelaufen ist.
Zuerst baute man diese Fahrzeuge kombiniert, da man sich nicht so ohne weiteres auf das Räderungetüm verlassen wollte.
Bis in die allerneuste Zeit hat das „moderne Amerika“ die Vorschrift beibehalten, daß Passagierdampfer, welche über See gehen und nicht Doppelschraubendampfer sind, Segel und
1-4-2(48)
die dazu nötige Takelage führen müssen. Für Dampfer die ausschließlich zwischen amerikanischen Häfen verkehren, wozu auch das von San Franzisko 2000 englische Meilen entfernte Honolulu gehört, trifft dieses Gesetz indessen nicht zu. Vielmehr ist es wohl hauptsächlich erlassen, um die Entwicklung des amerikanischen Schiffbaus auf eine höhere Stufe zu bringen, abgesehen davon, daß im Falle des Versagens der Maschinen die Segel als Notbehelf zu dienen haben.
Bei flüchtiger Beobachtung wundert man sich wohl darüber, daß man überhaupt von dieser Zusammenstellung abgekommen ist. Da die Windstärke fast immer größer ist als die Geschwindigkeit des Dampfers, könnte jene zur Entlastung der Schraube dienen, zumal der Dampferkurs auch nicht immer gegen die Windrichtung läuft.
Nehmen wir als Beispiel einen modernen Frachtdampfer mit 12 Knoten Geschwindigkeit –– seine Maschine macht 56 Umdrehungen in der Minute. Folgende Annahme besteht hierbei: Es ist günstiger Wind, und der Druck der Segel wirkt auf den Rumpf des Schiffes, also nicht auf die Maschine bezw. auf die damit fest verbundene Schraube, welche zwar etwas entlastet wird, aber dadurch keine höhere Tourenzahl über die Leistungsgrenze hinaus erreichen kann. Es wird also vorläufig nur der Slip des Dampfers aufgehoben (Slip = Differenz zwischen dem tatsächlich zurückgelegte Weg und der auf Grund der Umdrehungen sich ergebenden Distanz).
Bis nun der Druck der Segel so stark wird, daß ohne Maschinenkraft 12 Knoten Fahrt erreicht werden können, muß der Wind eine wesentliche Stärke erreicht haben, aber gerade dies ist in wärmeren Gegenden nicht sehr häufig der Fall. Hierzu kommt, daß der Dampfer, je größer er ist, desto
1-4-3(49)
mehr auf ein gleichmäßiges und ökonomisches Arbeiten der Maschinen angewiesen ist. Da die Dampfer, vor allen Dingen aber auch die Frachtdampfer, in den letzten Jahren sowohl an Größe als auch an Geschwindigkeit, stark zugenommen haben, ist man wohl auch aus diesem Grunde von der zusammengesetzten Bauart abgekommen. Die „Preußen“, welche vor einigen Jahren an der Südküste Englands verloren ging, war bekanntlich das größte und schnellste Segelschiff der Welt und erzielte als höchste Durchschnittsgeschwindigkeit einer Reise 7,8 Knoten. Ihr größtes Etmal (zurückgelegte Distanz von einem Mittag zum andern) erbrachte einen Durchschnitt von fast 19 Seemeilen per Stunde (=450 Seemeilen per Tag).
Aber was für eine ungeheure Segelfläche nötig ist, kann man sich klar machen, wenn man den Raumgehalt des oben erwähnten Seglers, 6000t, mit dem eines modernen Frachtdampfers von 12000t vergleicht. Die Mannschaft müßte verdoppelt, die Größe der Segel, Länge und Stärke des Tauwerkes und der Takelage müßten mindestens ebenso auf das doppelte ausgedehnt werden. Aus 48 Köpfe bestand die Mannschaft der „Preußen“, während jene eines 12000t Frachtdampfers aus 55-60 besteht. Von diesen 55 rechnet man über die Hälfte für die Bedienung der Maschinen, es bleiben also rund 25 Leute für die seemännischen Arbeiten übrig. Entsprechend der Größe des Schiffes müßten aber mindestens 100 zur Bedienung der Segel zur Verfügung stehen.
Es ergibt sich somit ein Mehr von:
75 Mann, jeder mit 60 M Lohn per Monat = M 4500,- Diese Summe in Kohlen umgerechnet ergibt, wenn wir den Preis von M 15,- per Tonne zu Grunde legen = 300 Tonnen.
1-4-4(50)
Der Dampfer verbrennt etwa 60t per Tag = 5 Dampftage, oder in Knoten ausgedrückt eine Distanz von 1440 Seemeilen.Hafenzeit, Flußfahrt usw. eingerechnet, kann man aber kaum annehmen, daß ein Dampfer viel mehr als volle 5 Tage im Monat mit voller Geschwindigkeit nur durch Segel allein fortbewegt werden kann. Ganz besonders ist dies bei kürzeren Fahrten, d.h. beim Anlaufen vieler Häfen der Fall, da hierdurch die Hafenzeit verlängert wird, und die zur Segelführung nötige Mannschaft noch weniger als bei langen Entfernungen ausgenutzt werden kann.
Nehmen wir die Strecke Southampton – New York, für welche bei einer Entfernung von 3100 Seemeilen eine Reisedauer von 11 Tagen in Frage käme. Hierbei würde der Kohlenverbrauch für 5 Tage allein schon durch die Ersparnis am Löhnen gedeckt werden, denn mehr als eine Reise im Monat (hin und zurück) kann ein Dampfer, selbst bei der promptesten Abfertigung, nicht machen. Hinzu kämen noch die nicht unerheblichen Kosten für Segel und Takelage, die durch die Verstärkung der Mannschaft bedingte Verteuerung der Verpflegung und Unterbringung der Leute und manches andere mehr.
Es erhellt daher ohne weiteres, daß eine derartige Zusammensetzung unter den heutigen Verhältnissen für moderne und große Dampfer nicht mehr angebracht ist. Für Dampfer aber, die eine noch größere Geschwindigkeit entwickeln als der in obigem Beispiel angenommene, kommt eine derartige Kombination natürlich noch weniger in Frage, da mit der Zunahme der Geschwindigkeit die Aussicht auf die Fahrt ohne Maschinenkraft ganz bedeutend vermindert wird.
Krümelmayer.
---------------------
1-4-5(51)
Die Vorgeschichte der chinesischen Revolution 1911.
(Schluß.)
Am 8. Mai wurde das erste verantwortliche Kabinett, bestehend aus 9 Mandschus und 5 Chinesen gebildet. In den Kreisen der Revolutionäre verhöhnte man diese Maßregel, indem man sagte, es sei nur eine Formänderung; in Wahrheit würde so weiterregiert wie bisher.
Und das Kabinett hatte wirklich allerhand Schwächen, indem das chronische Übel des amtlichen China, die Käuflichkeit der Ämter, das Squeeze-System eine große Rolle bei der Besetzung der Ministerien gespielt hatte. Aber es war doch ein Anfang gemacht, wenn die Mandschus im Kabinett auch noch die Oberhand hatten.
Weitere Reformen des Jahres 1911 waren das Inkraftsetzen des neuen Straf- und Handelsgesetzbuches, der Ausbau der Selbstverwaltung, die Regelung des Verhältnisses der Regierung zu den Provinzen, die Ausarbeitung des Beamtengesetzes, die Schaffung einer Oberrechnungskammer und eines Verwaltungsgerichts, die Regelung der Steuern, die Zivilliste des kaiserlichen Haushalts, der Ausbau der Flotte. Letzterer bewegte sich übrigens nur in bescheidenen Grenzen. Es wurden 3 Kreuzer, 2 Kanonenboote, 1 Torpedoboot, 1 Zerstörer und 2 Flußkanonenboote im Ausland bestellt.
Man kann aus dieser knappen Aufzählung schon entnehmen, was die Regierung im redlichen Bemühen für des Landes Wohl leistete. Sehr viel von dem, was sie im Laufe der letzten 10 Jahre aufbaute, ist durch die Stürme der Revolution zerstört worden. Es sollte der Regierung mit zum Verhängnis werden, daß sie gerade in dieser auf-
1-4-6(52)
geregten Zeit den Kampf mit den Notabeln über die Bahnverstaatlichung aufnahm.
Die Bautätigkeit war seit 1900 in ständigem Zunehmen begriffen, und fremde Techniker so weit wie möglich auszuschalten, doch ließ sich dies meist nicht durchführen. Vor 1900 hatte es ungeheuerer Anstrengungen bedurft, um Eisenbahnkonzessionen zu erlangen. Als der Umschwung eintrat, regten sich die Geister in allen Provinzen, um sich den Geld ins Land bringenden Feuerwagen zu sichern. So entstanden im Laufe der Jahre 1904 die Reinanfu-Tsingtau Bahn, 1905 die Peking=Hankau Bahn mit der Zweiglinie nach Tai Yüan fu, 1908 die Schanghai-Nanking Bahn und die Schanghai-Hangtschan Bahn, 1909 die Kaifengfu-Honanfu und die Peking-Kalgan Bahn, 1910 die Tonkin-Yünnan Bahn und schließlich 1911 die Kanton-Kaulun Bahn. Die Tientsin-Pukan Bahn ging ihrer Vollendung entgegen, und Pläne lagen zum Bau der großen Hankau-Kanton und Hankau-Itschang-Setschuan Bahn vor.
Häufig hatten die immer nach größtmöglicher Selbständigkeit strebenden Provinzen die Pläne der Regierung durchkreuzt. So beim Bau der Schanghai-Hangtschan Bahn, für die ein englisches Syndikat den Kontrakt erhalten hatte. Die reichen Notabeln der Provinz setzten es durch, daß die Bahn von ihnen mit eigenem Kapital gebaut wurde.
Ähnlich lagen die Verhältnisse bei der Hankau-Kanton Bahn, die ursprünglich von Amerikanern gebaut werden sollte. In Kanton erhob sich ein solches Geschrei über die Macht, die den Fremden dadurch gegeben würde, daß sich die Regierung gezwungen sah, die Konzession zurückzukaufen.
1-4-7(53)
Es zeigte sich bald, daß die Notabeln der in Frage kommenden Provinzen doch nicht das nötige Geld zusammenbringen konnten und die Regierung mußte sich wiederum Geld und Ingenieure an die Fremden wenden.
Um den ewigen Schwierigkeiten mit den Notabeln ein Ende zu machen und sich selbst dies wichtige Machtmittel fest in die Hand zu bringen, erließ die Regierung Anfang Mai das Bahnverstaatlichungsedikt und schloß kurz darauf mit den Banken Deutschlands, Englands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten Anleihen im Gesamtbetrage von 10 Millionen £ Sterling ab, um die Bahnaktien der in den letzten 3 Jahren von den Provinzen gebauten Bahnen aufzukaufen und die Hankau-Kanton und die Setschuan Bahn fertig bauen zu können.
Diese Maßregel traf die Lebensinteressen der reichen Notabeln in Mittel- und Südchina, also gerade in jenen Provinzen, in denen die Wühlereien der Umstürzler den grö-ßeren Erfolg gezeitigt hatten. Die Notabeln wehrten sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. In Setschuan kam es zu offenem Aufruhr, den der energische Generalgouverneur nur mit großer Mühe unterdrücken konnte. In Kanton versuchte man durch Finanzoperationen zum Ziele zu kommen. Die Notabeln zogen, um Handel und Wandel zum Stillstand zu bringen, ihre Guthaben von den Regierungsbanken zurück. Aber diese überstanden die Kraftprobe mit Hilfe der Hongkong-Bahninteressenten und die Notabeln mußten sich wohl oder übel abfinden lassen.
Der Kampf um die Bahnverstaatlichung hielt während des ganzen Sommers die Gemüter in Aufruhr. Er endete schließlich mit dem völligen Siege der Regierung, die sich
1-4-8(54)
aber ihres Erfolges nicht mehr freuen sollte. Sie hatte mit ihrer Bahnpolitik den empfindlichsten Punkt der Provinzialmachthaber, die Geldinteressen, getroffen.
Und wie schon immer ein Gegensatz zwischen den partikularistischen Provinzen und der nach Zusammenfassung strebenden Pekinger Regierung bestanden hatte, ganz besonders in Südchina, wo das Mißtrauen gegen alles, was von Peking kommt, alt begründet ist, so brachte der Bahnstreit die Partikularisten völlig in Gegensatz zur Regierung. So waren alle Faktoren zum Umsturz des Bestehenden günstig. Die Ko Ming Tang hatte die durch die Berührung mit den Westländern großgezogenen radikalen Elemente in alle Kreise der Bevölkerung hineingetragen. Überall in China, besonders im Süden und im Yangtse Tal gärte es in den großen Städten. Das Volk hatte dort ein rechte Fühlung mit der Pekinger Regierung gehabt und war durch Mißernten und Hungersnot mehr als geneigt, den lockenden Versprechungen über die goldene Zukunft, die die Umstürzler in glühenden Farben zu schildern wußten, Glauben zu schenken. Es ließ sich schicken, wie die Wortführer wollten.
Die Notabeln waren, soweit sie nicht schon vorher der Regierung abhold, durch die geschilderten Maßnahmen zu Gegnern geworden, und mit der Zuverlässigkeit des Heeres war es, wie der Gang der Revolution zeigen sollte, schlecht bestellt.
Ich erwähnte schon, daß man es durchgesetzt hatte, daßalle militärischen Verbände dem Pekinger Kriegsministerium unterstellt wurden, aber diese Maßregel war ja gerade erst durchgeführt und man hatte so noch nicht Zeit
1-4-9(55)
gehabt, sie im Interesse der Regierung zu verwerten.
So war es kein Wunder, daß sich die Revolution blitzschnell über den ganzen Süden verbreitete, nachdem die mit der Ko Ming Tang im Einvernehmen stehenden Truppen in Wutschang gemeutert und Wutschang und Hanyang, die wichtigsten Stützpunkte der Regierung, in Mittelchina in ihre Hände gebracht hatten.
Außer den wenigen Beamten und Mandschus war niemand im Süden, der die Interessen des Herrscherhauses wahrnahm.
Es war ein trauriges Bild für die Mandschus, wie eine Stadt nach der andern, eine Provinz nach der andern von ihr abfiel. Fast ohne Schwertstreich gings meistens ab. Überall wiederholten sich die gleichen Vorgänge.
Mitglieder der Ko Ming Tang verteilten Proklamationen unter das Volk, des Inhalts, daß die Stunde gekommen sei, das Joch der Mandschus abzuschütteln, daß das Volk von nun an das Reich selbst regieren sollte, daß Likinabgaben und sogar die Grundsteuern wegfallen sollten und dergl. mehr.
Der Provinziallandtag oder die städtischen Gilden beschließen den Anschluß an die Republik, die Verschwörerveranstalten einen Volksauflauf, ziehen bewaffnet mit den weißen Fahnen der Revolution zum Yamen des Gouverneurs, der meist ohne es auf die Entscheidung der Waffen ankommen zu lassen, das Weite sucht, und erklären die Volksregierung, an deren Spitze die Ko Ming Tang Leute treten.
Der Gang, den die Ereignisse damals nahmen, ist bekannt, wie die Regierung in der Erkenntnis der Schwäche ihrer Stellung Yüan Schi Kai, den geachtesten Mann Chinas an
1-4-10(56)
die Spitze rief, wie die Regierung nach stürmischen Sitzungen des Reichsausschusses in die Umwandlung der Staatsverfassung in eine parlamentarische nach englischen Muster willigte, wie Yüan als allmächtiger Ministerpräsident sich trotz der Siege der kaiserlichen Heere mit den Führern der Aufständischen in lange Verhandlungen einließ, die zu einem Kompromiß führten. Wie er die Mandschus schließlich dazu brachte abzudanken und so das eine Ziel der Revolution, den Sturz der Mandschus herbeiführte.
Es ist ein Glück für China gewesen, daß die radikalen Elemente, die die Revolution herbeigeführt haben, sich nicht restlos haben durchsetzen können, daß die Ko Ming Tang und ihr Anfang nicht die Zügel der Regierung des ganzen Reichs in die Hände bekamen.
Wo sie, wie in einzelnen Südprovinzen für über 1 Jahr so gut wie unumschränkt geherrscht hat, hat sie gezeigt, daß sie es wohl verstand das Alte niederzureißen, aber nicht die Kraft hatte, etwas Neues und Bleibendes an seine Stelle zu setzen.
Die Revolution hat China ohne Zweifel in seiner Entwicklung zurückgebracht. Wären die Mandschus am Ruder geblieben und hätten dem Volk, wie sie es angefangen hatten, planmäßig das Neue gebracht, wäre China viel Schweres erspart geblieben.
Gewiß war unter der Mandschuherrschaft nicht alles, wie es sein sollte, aber ich glaube, man wäre der Mißstände besser durch allmähliche Reform Herr geworden als durch das radikale Mittel der Revolution, die größere Werte zerstörte, als sie gebracht hat. –
Vissering.
1-4-11(57)
Ein Feldpostbrief.
Folgender Feldpostbrief seines Bruders wurde uns von Vizefeldwebel d.R. Hake, K.6, freundlicherweise zur Verfügung gestellt:
„Liebe Mutter! Erst heute komme ich dazu, Dir ausführlich zu schreiben. Die Zeitungen haben Dir schon die Tatsache verkündet, daß die große Offensive mehr oder weniger gescheitert ist; jedoch ahnst Du nicht, daß das oft genannte Los in unserer Nähe liegt. Die ... Division gehörte zu unserem verstärkten Armeekorps und grenzte an unsere Division, sie bildete unseren rechten Flügel, gegen den sich der englische Gasangriff am 25. September wandte. Die achttägige vorbereitende Artilleriekanonade des Feindes hatte uns veranlaßt, zahlreiche Reservetruppen, Sanitätsformationen, Bagagen weiter zurückzuziehen als bislang. Fraglos haben die Engländer einen Erfolg gehabt, aber ihr Ziel haben sie nicht erreicht trotz der großen Truppenmassen, die sie einsetzten. Ihre Verluste an Toten und Verwundeten sind gewaltig. Nach langer, langer Zeit – es ist über 1 Jahr – sahen wir wieder gefangene Engländer. Eine ganze Anzahl Geschütze, die bereits beim ersten Ansturm verloren gingen, sind wieder erobert unter Vollbringen mancher Heldentaten einzelner. Unsere Division hat restlos ihre Stellung gehalten, sogar den rechten Flügel unterstützt und den Angriff zum Stehen gebracht. Jetzt erfahren wir nach und nach, mit welcher Siegeszuversicht der Feind an die Offensive herangetreten war. Gegen unsere Division hatte der Engländer die siebenfache Übermacht eingesetzt, d.h. sieben Divisionen. Meine Aufgabe als Arzt war, den Abtransport der Verwundeten zu leiten und die Gasschutzmittel zu verteilen. In
1-4-12(58)
der Nacht von 26./27. habe ich selbst mit 2 Lastautos eine große Zahl der Gasschutzmarken in die vordere Stellung gebracht und ihre Verteilung geleitet. Gerade das letztere, die richtige Verteilung bedarf der Überwachung; Berichte über die gemachten Erfahrungen werden angefordert und müssen und wollen gemacht sein. Der Gasangriff ist trotz einzelner Teilerfolge verfehlt gewesen. Irgend eine ernstliche Gefahr für unsere Stellungen hat nicht vorgelegen, denn es darf nicht vergessen werden, daß ein Durchbruch des Feindes nur dann einen Erfolg haben kann, wenn er auf einer Breite von mindestens 15 km gelingt. Gelingt er nicht auf einer solchen Breite, so treibt er nur einen Keil in unsere Stellung, und um diesen zu halten, muß der Gegner dauernd Flankenfeuer über sich ergehen lassen. -
--------------------
Scherzrätzel.
Ein Rätsel geb' ich, nur als Schwank,
Ich wählte nicht das schwerste,
Doch rätst du daran gar zu lang,
Wirst du wohl doch die Erste.
Die Zweite nennt die, wie du mußt
Den vollen Geldschrank halten,
Willst du erfolgreich, zielbewußt
Ob deinen Schätzen walten.
Drei-Vier, sie melden sich, o weh!
- Ich aus Erfahrung sag es -
Wenn du nach üppigem Souper
Früh aufwachst nächsten Tages.
Das Ganze nennt die eine Stadt
In feindlich fremden Zonen,
Die die besondere Ehre hat,
Daß dort viel Deutsch wohnen.
lg.
--------------------
Eingesandt:
Kurze Mitteilungen aus Kokaido:
Unser oberster Kriegsherr hat sich einen Garten in der Größtes Königreichs Montenegro angelegt. Die Dornenhecke
1-4-13(59)
ist von artistischer Schönheit und erinnert an das Drahthindernis an der weißen Mauer. –
Im Feldherrnzimmer alles Leiter. Nerven normal. Es wird weiter gehämmert. –
Das göttergleiche Geschlecht der Dolmetscher hat kürzlich einen Götterlehrling engagiert. Er hört auf einen Namen, der nach holländischem Käse klingt.
Max's ältester hat entschieden Ähnlichkeit mit Heinrich. Beiden ist die Nase leicht beschädigt. – Heinrich versieht seine Vaterpflichten schlecht, auch gehen die Alimente nicht regelmäßig ein.
Die Frau Gemahlin unseres allverehrten Kameraden Düster soll, wie aus sicherer Quelle verlautet, zum Ehrenmitglied der 6. Komp. ernannt sein. Frau Düster ist dementsprechend kürzlich in den Straßen dieser schönen Stadt bereits von einer Abteilung der K. 6 vorschriftsmäßig gegrüßt worden. Es war dies nachweislich der ersten wirklich vorschriftsmäßige Gruß, der der K. 6 entschlüpft ist.
Seesoldat.